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Prof. Dr. Christoph Gusy
Phänomen Digitalisierung
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Digitalisierung bedeutet zunehmend, dass Aufgaben und Verhaltensweisen, die bislang als typisch menschlich galten, von Rechnern übernommen werden. In der Vergangenheit hat die Digitalisierung eher die Industrie, aber auch die Wahrnehmung des Menschen von seiner Umwelt, von Zeit und Raum verändert. In Zukunft wird die Digitalisierung stärker auch in Bereiche vordringen, die bislang als typisch menschliche Wahrnehmung von Verhaltensformen galten. Dies wird sich in den unterschiedlichsten Bereichen zeigen. Etwa der Mensch-Maschine-Interaktion, etwa beim Internet der Dinge oder im Smart-Home. Die damit bewirkten Veränderungen führen zu einer völlig neuen Arbeitsteilung zwischen Mensch und Umwelt, Mensch und Maschine, Mensch und Infrastruktur. Diese Veränderungen werden sowohl individuell als auch gesellschaftliche Folgen haben. Politische Herausforderungen liegen insbesondere darin, dass die Politik nicht einfach die Digitalisierung nachzeichnet. Technikorientierte Normen neigen bisweilen dazu, einfach den Eigengesetzlichkeiten in der Technik zu folgen oder dem, was man dafür hält. Politisch geht es aber gerade um etwas anderes, nämlich um das Gestalten von Technik, um das Gestalten der Vor- und Rahmenbedingungen von Technik und das heißt aber auch ein solches Recht kann nicht alleine Gebote enthalten. Es muss zugleich hinreichend sachkundig sein, um zu schauen wo eigentlich Gefährdungen liegen und an welcher Stelle regulativ angesetzt werden kann. Es geht also um die Zusammenführung von Sicherheit und Technik, von Digitalisierung und Recht im Kontext politischer Gestaltung. Diese Aufgabe ist gegenwärtig noch in den Startlöchern. Freiheit und Sicherheit werden oft als Gegensätze begriffen. In Wirklichkeit ist das Spannungsfeld aber wesentlich komplexer. Sicherheit kann auch die Möglichkeit von Freiheitsausübung schützen. Frei ist nur derjenige, der einigermaßen überschauen kann, was die Konsequenzen seines Handelns sein können und diese Konsequenzen dann selber abwägen kann. Völlige Unvorhersehbarkeit führt also dazu, dass man auch nicht frei agieren kann. Sicherheit stabilisiert die Rahmenbedingungen von Freiheit. Umgekehrt gibt es aber auch keine Sicherheit ohne Freiheit. Selbst die größten Polizeistaaten der Welt sind irgendwann an ihre Grenzen gekommen, als die Menschen Freiheit forderten. Das heißt im Klartext Sicherheit setzt immer auch Freiheit voraus. Hier die richtige Mischung zu finden, ist eine Aufgabe, die nicht ein für alle Mal gelingen kann. Sie kann nur in praktischen Abwägungssituationen gelingen.
Prof. Dr. Christoph Gusy
Christoph Gusy lehrt Öffentliches Recht, Staatslehre unn Verfassungsgeschichte. Zu seinen Arbeitsschwerpunkten zählen u.a. das Nachrichtendienst-, Polizei- und Sicherheitsrecht.
Jüngste Veröffentlichung: Gusy/Kugelmann/Würtenberger (Hg.), Handbuch des Rechts der zivilen Sicherheit, 2018.
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