- Kriminologie / Gefährdung / Prof. Dr. Thomas Görgen
Prof. Dr. Thomas Görgen
Gefahren
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Wenn wir davon ausgehen, dass die Digitalisierung in erster Linie menschliche Handlungsmöglichkeiten erweitert hat, dann tut sie das unabhängig von der Art der Handlung und unabhängig von der Art von der Absicht des Handelns. Sie tut das im Hinblick auf die Art und Weise, wie wir unsere Freizeit gestalten, wie wir uns bilden, wohin wir in Urlaub fahren, wie wir das organisieren. Sie tut das aber auch im Hinblick auf Verhaltensweisen, die das Strafgesetzbuch nicht zu Unrecht mit Strafe belegt. Die Digitalisierung hat in diesem Sinne, wenn wir es in kriminologischen Termini fassen, eine Menge von neuen Tatgelegenheiten, Tatgelegenheitsstrukturen geschaffen. Es gibt ja diese ganz berühmte kolportierte Aussage eines Bankräubers, der gefragt wurde warum er denn Banken überfällt, der damals sagte „because that’s where the money is“. Bankräuber sind heutzutage eine aussterbende Spezies. Straftäter haben gelernt, dass es einfachere und auch weniger riskante Möglichkeiten gibt, an das Geld anderer Menschen zu gelangen. Man kann sich in Onlinebezahlsysteme, Onlinebezahlvorgänge einhacken, man kann Onlinebezahlvorgänge manipulieren, man kann versuchen über Malware, über Phishing an sicherheitsrelevante Kundeninformationen zu gelangen und ähnliches. Cyberkriminalität, digitale, digitalisierte Kriminalität beschränkt sich aber keineswegs auf dieses Angreifen digitaler Bezahlvorgänge. Wenn wir etwa denken an Mobbing, an Bullying in sozialen Netzwerken. Auch da haben wir es mit Formen von Kriminalität zu tun, die es nur vor dem Hintergrund der Digitalisierung geben kann. Hasskriminalität in sozialen Netzwerken, sexuelle Belästigungen über das Internet, Betrugsversuche, Betrug über Onlinemedien, Erpressung über Onlinemedien, Angriffe auf die Stabilität von digitalen Systemen. All das sind Formen von Kriminalität, die es nur deshalb geben kann, weil wir in einer digitalen, digitalisierten Welt leben. In der Kriminologie wird manchmal so ein bisschen die These vertreten, dass die Kriminalität zurück ging, die wir insgesamt erfreulicherweise in etwa dem letzten Vierteljahrhundert in vielen Ländern der Welt zu verzeichnet haben, dass die in erster Linie zu verstehen sind, als eine Art Übergang von Kriminalität von der realen Welt in die virtuelle Welt und als ein teilweises unsichtbar werden von Kriminalität in der virtuellen Welt. Ich glaube das trifft die Verhältnisse nicht zur Gänze, was man aber sagen kann und was daran richtig ist, es sind durch die Digitalisierung eine Menge an neuen Tatgelegenheiten entstanden, es sind zunächst mal nicht die entsprechenden Schutzmechanismen da und diese neuen Tatgelegenheiten, die werden eben entsprechend auch genutzt.
Prof. Dr. Thomas Görgen
- Dipl.-Psychologe
- seit 2008 Professor an der Deutschen Hochschule der Polizei (Münster) und Leiter des Fachgebiets Kriminologie und interdisziplinäre Kriminalprävention
- Studium der Psychologie an der Universität Trier
- wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Universität Trier, der Justus-Liebig-Universität Gießen und dem Kriminologischen Forschungsinstitut Niedersachsen (Hannover)
- Lehraufträge an verschiedenen polizeilichen und öffentlichen Hochschulen
- aktuelle Arbeitsschwerpunkte u.a.: politischer Extremismus / Radikalisierung / Radikalisierungsprävention; Gewaltkriminalität; Viktimisierungen in vulnerablen Populationen; kriminalpräventive Strategien und Handlungsansätze
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