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PD Dr. Jessica Heesen
Neue Präventionsmittel
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- Heesen: Gefährdung
- Heesen: Vision
Für die Kriminalitätsverhinderung gibt es ganz unterschiedliche Möglichkeiten. Wir haben natürlich den großen Bereich Predictive Policing, also die vorhersehende Polizeiarbeit, wo man mittels Big-Data und KI vor allen Dingen versucht sehr viele Daten zu sammeln, die wichtig sein könnten zur Prognose eines zukünftigen kriminellen Ereignisses. Wir haben aber auch andere Sachen, sowas wie Smart Living, Smart Home zum Beispiel wo wir von außen auch unser Haus beobachten können, wenn wir auf Reisen sind zum Beispiel. Wir haben so etwas wie intelligente Kameraüberwachung, die zwar vor allen Dingen auch im forensischen Bereich benutzt wird, aber auch eine gewisse abschreckende Wirkung hat und wo man auch Gefahrensituationen erkennen kann und verhindern kann. Was wir allerdings sehen müssen, dass das alles Anwendungen sind, wo man versucht letztendlich soziale Probleme technisch zu lösen. Man kann sich auch ganz andere Formen von Prävention durch Digitalität vorstellen. Man kann sich auch vorstellen, dass wir versuchen auch die sozialen Medien zum Beispiel sowie auch in öffentlichen Rundfunk dafür nutzen, um Integration zu leisten in der Gesellschaft. Das wir also versuchen, jetzt zu ganz neuen Modellen von Kommunikation zu kommen, mittels derer die Gesellschaft eher miteinander gut kommunizieren kann auch im digitalen Zeitalter. Wo wir also versuchen zum Beispiel Hasskommentare über KI-Anwendung zu finden, aber insgesamt ein gesellschaftliches Klima erschaffen, wo es keine gesellschaftlichen Verlierer gibt, wo wir keine Ausgrenzung haben oder Diskriminierung über Kommunikation über digitale Medien. Menschen, die sich immer überwacht fühlen sind letztendlich keine Menschen mehr. Das heißt, wir erkaufen uns hier gewisse Sicherheiten zu Lasten der freien Meinungsäußerung oder zu Lasten des Vertrauens in Institutionen, denn Institutionen, über die wir immer überwacht werden, denen müssen wir eigentlich kein eigenes Vertrauen entgegen bringen, denn wir werden ja kontrolliert. Das ist ein schwieriger Bereich. Ich würde jetzt nicht sagen, dass auf alle Fälle jede Form von Überwachung unsere Freiheitsrechte einschränkt, sondern es geht darum, sie tatsächlich klug zu dosieren und in all den Bereichen, die wir selber ja gar nicht erfassen können wie gesagt der Bereich Kinderpornografie ist hier ein schönes Beispiel, da kann ich mir durchaus vorstellen, dass man hier gewisse Technologien in die Internetkommunikation einbezieht, um solche Dinge zu finden. Das heißt aber noch lange nicht, dass überhaupt alles was im Bereich Social Media unterwegs ist, überwacht werden müsste. Hier muss man schauen, dass man zu einem ausgewogenen Verhältnis kommt und digitale Technologien, Überwachungstechnologien nur da einsetzt, wo sie wirklich sinnvoll sind. Predictive Policing insgesamt ist eine interessante Angelegenheit. Man kann sehen, dass darüber auch tatsächlich Erfolge erzielt werden können. Man muss allerdings auch beim Predictive Policing genau wissen, wie weit das eigentlich gehen soll. In den USA gibt es Projekte, wo es tatsächlich schon aufsuchende Polizeiarbeit gibt, weil bestimmte Personen in ein Raster hineinfallen und eventuell in Zukunft ein Verbrechen begehen könnten. Dann klopft die Polizei da an die Tür und sagt wir haben sie im Blick und fragt auch eventuell danach, wie kann man ihnen helfen. Aber trotzdem, hier werden Personen kriminalisiert, bevor sie eigentlich etwas getan haben. Das könnte auch unsere Zukunft sein. Ein anderes Beispiel ist ein großes Projekt in den USA, an denen schon fünf Millionen Schülerinnen und Schüler beteiligt sind. Der Name ist GAGGL. Hier wird die Kommunikation, also sämtliche Kommunikation von Schülerinnen und Schülern einzelner Schulen überwacht. Die müssen sich dann eine bestimmte Software herunterladen, um Informationen über alles was in der Schule passiert zu erhalten und gleichzeitig wird ihr Aufenthaltsort aufgezeichnet und bewertet und genauso auch ihre gesamte soziale Kommunikation. Das Ziel ist eigentlich ein präventives Ziel, nämlich man versucht hier Schülerinnen und Schüler zu identifizieren, die eventuell Amokläufe begehen möchten oder auch Schülerinnen und Schüler, die sich umbringen wollen. Hier wurde dann auch schon vom Anbieter behauptet, hier hätte es einige gute Erfolge gegeben. Aber das ist natürlich dann eine Totalüberwachung, die auch noch gebunden ist an den Bildungsauftrag der öffentlichen Hand und das sind Bereiche, die wir sicherlich so nicht verwirklicht sehen wollen bei uns in Deutschland.
PD Dr. Jessica Heesen
- Leiterin des Forschungsschwerpunkts Medienethik und Informationstechnik am Internationalen Zentrum für Ethik in den Wissenschaften der Universität Tübingen
- Promotion an der Universität Stuttgart
- Habilitation am Karlsruher Institut für Technologie mit venia legendi im Fach Philosophie
- Forschungsschwerpunkte: Sozial- und Technikphilosophie, Ethik, Informations-, Medien- und Sicherheitsethik.
- Die Software aus den USA in Bezug auf überwachte Schüler_innen
- Einen Hinweis auf das Ethik-Gutachten für den Präventionstag , hier ist auf S. 113 eine Ausführung zu IT im Präventionskontext
- Informationen zum Predictive Policing
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